Sprache schafft Realität: Warum Worte den Unterschied machen

Jeder kennt Situationen, in denen ein Wort zu viel oder die falsche Formulierung alles eskalieren lässt. Besonders in Konflikten rutschen uns schnell Begriffe heraus, die verletzend wirken – und oft mehr Schaden anrichten als die eigentliche Auseinandersetzung. Ein häufiger Fehler dabei ist, Menschen mit ihrem Verhalten gleichzusetzen: „Du bist rücksichtslos!“, „Er ist ein Monster!“, „Sie ist einfach ein schlechter Mensch!“

Doch genau hier liegt die große Gefahr: Sprache beeinflusst unser Denken und unsere Wahrnehmung. Wenn wir Menschen auf negative Eigenschaften reduzieren, nehmen wir ihnen die Möglichkeit zur Veränderung – und uns selbst die Chance, Brücken zu bauen. Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Marshall Rosenberg zeigt, wie wir mit unserer Sprache Konflikte entschärfen und echtes Verständnis schaffen können.

Menschen sind keine Monster – sie handeln manchmal nur so

Wenn wir jemanden als „Monster“ bezeichnen, machen wir aus einem Verhalten eine Identität. Das ist nicht nur unfair, sondern auch ungenau. Kein Mensch ist durch und durch „böse“ oder „rücksichtslos“. Vielmehr gibt es Ursachen für sein Verhalten – oft unerfüllte Bedürfnisse oder schwierige Emotionen.

Marshall Rosenberg beschreibt in der GFK, dass jedes Verhalten letztlich ein Ausdruck eines Bedürfnisses ist. Wenn jemand beispielsweise laut und aggressiv wird, könnte dahinter ein unerfülltes Bedürfnis nach Respekt, Zugehörigkeit oder Sicherheit stehen. Das bedeutet nicht, dass das Verhalten akzeptabel ist – aber es hilft uns, nicht in Kategorien von „gut“ und „böse“ zu denken, sondern Lösungen zu finden.

Beispiel: Vom Angriff zur Verbindung

Statt zu sagen:

❌ „Du bist total egoistisch!“

Könnte man formulieren:

✅ „Ich merke, dass mir Gemeinschaft wichtig ist, und ich fühle mich gerade übergangen. Können wir darüber sprechen?“

Hier passiert etwas Entscheidendes: Die Person wird nicht als Egoist abgestempelt, sondern das eigene Gefühl und Bedürfnis wird klar benannt. Das öffnet Türen statt sie zu verschließen.

Warum Sprache Konflikte eskalieren oder entschärfen kann

Sprache ist nicht nur ein Mittel der Kommunikation – sie formt unsere Realität. Wenn wir in Kategorien wie „Täter“ und „Opfer“, „gut“ und „böse“ denken, wird es schwierig, Lösungen zu finden.

Rosenberg nennt diese Art der Sprache „Wolfssprache“ – eine Kommunikation, die urteilt, kritisiert und trennt. Dem gegenüber steht die „Giraffensprache“ – eine Sprache, die Gefühle und Bedürfnisse ausdrückt, ohne zu verurteilen.

Ein Beispiel für Wolfssprache:

❌ „Das ist typisch für dich – du denkst immer nur an dich!“

Ein Beispiel für Giraffensprache:

✅ „Ich bin enttäuscht, weil mir Verlässlichkeit wichtig ist. Ich wünsche mir, dass wir eine Lösung finden.“

Die zweite Variante gibt dem Gegenüber die Möglichkeit, zu verstehen, ohne sich verteidigen zu müssen.

Aber was tun, wenn jemand sich als „der Stärkere“ fühlt und keinerlei Empathie zeigen kann?

Nicht jeder Mensch ist bereit, sich auf eine offene und verbindende Kommunikation einzulassen. Manche setzen bewusst auf Dominanz, Einschüchterung oder Sturheit, weil sie sich dadurch im Vorteil wähnen. Hier hilft es, klar zu bleiben und sich nicht in Machtspiele hineinziehen zu lassen.

1. Eigene Grenzen wahren: Wenn jemand wiederholt respektlos oder übergriffig ist, darf man das klar benennen:

✅ „Ich möchte respektvoll sprechen. Wenn das nicht möglich ist, werde ich das Gespräch beenden.“

2. Nicht in die Provokation gehen: Wer auf Angriff mit Gegenangriff reagiert, bestätigt nur das Machtspiel. Stattdessen kann man ruhig und sachlich bleiben.

3. Verbündete suchen: Wenn jemand sich ständig über andere stellt, hilft es, sich Unterstützung zu holen – sei es im privaten oder beruflichen Umfeld.

4. Konsequenzen setzen: Falls sich jemand dauerhaft als „der Stärkere“ inszeniert und kein Interesse an respektvoller Kommunikation hat, kann es nötig sein, sich abzugrenzen. Manchmal ist der beste Weg, sich nicht weiter in eine destruktive Dynamik hineinziehen zu lassen.

Zum Abschluss noch kleine Tipps für eine bewusstere Sprache

1. Trenne Person und Verhalten

• Statt „Du bist respektlos“ → „Ich fühle mich nicht respektiert, weil…“

2. Formuliere Beobachtungen statt Urteile

• Statt „Immer machst du das falsch“ → „Ich habe bemerkt, dass es öfter passiert, dass…“

3. Drücke Gefühle statt Vorwürfe aus

• Statt „Du nervst mich“ → „Ich fühle mich gestresst, weil…“

4. Erkenne Bedürfnisse hinter dem Verhalten

• Statt „Er ist ein Tyrann“ → „Er scheint nach Kontrolle zu suchen, vielleicht braucht er Sicherheit.“

5. Stelle lösungsorientierte Fragen

• Statt „Warum bist du so?“ → „Was könnten wir tun, damit es für uns beide besser funktioniert?“

Fazit: Sprache als Werkzeug zur Verständigung

Unsere Worte haben Macht. Sie können verletzen oder heilen, Konflikte verschärfen oder lösen. Wenn wir lernen, Menschen nicht auf ihr schlechtes Verhalten zu reduzieren, sondern ihre Beweggründe zu verstehen, eröffnen sich neue Möglichkeiten des Miteinanders.

Marshall Rosenbergs Gewaltfreie Kommunikation ist kein „weichgespültes Gerede“, sondern ein kraftvolles Werkzeug, um echte Verbindung zu schaffen. Denn Menschen sind keine Monster – sie handeln manchmal nur so. Und genau das macht den Unterschied.

Wenn du mehr darüber wissen willst und bessere Kommunikation auch in dein Leben oder dein Team bringen willst, steht dir das Team von FRE!DAY mit Rat und Tat zur Seite. Schreib uns einfach – wir freuen uns, mit dir zu kommunizieren!

(Beitrag von Alexander Beichtbuchner – ab@freiday.at)